Details
Gustav Klimt
Wien 1862 – 1918 Wien
Kopf einer Frau, nach rechts geneigt
Feder mit hell- und dunkelbrauner Tinte und Bleistift auf Papier
54,5 x 34,4 cm
wohl 1915-1917
rückseitig gestempelt: Nachlass Gustav Klimt
Stockflecken, Papierknicke, Beschädigungen
KEIN FOLGERECHT
Literatur: „Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Bd. IV“ Alice Strobl, Salzburg 1989, WV-Nr. 3619, S. 168, Abb. S. 169.
Provenienz: Privatsammlung Wien
In ihrem Werkverzeichnis der Zeichnungen von Gustav Klimt (Bd. IV, Nachtrag, 1989) publizierte Alice Strobl die hier präsentierte Federzeichnung, die ihr nur durch ein einfaches Schwarz-Weiß-Foto bekannt war, als mögliche Studie für den frontal stehenden Frauenakt im Gemälde “Tod und Leben” (1. Fassung, 1908-1911). Ihrer Empfehlung das Blatt im Original zu prüfen, konnte jetzt Folge geleistet werden. Dabei ließ sich feststellen, dass die Arbeit aufgrund mehrerer Analogien mit dem zeichnerischen Spätwerk eher den letzten Lebensjahren des Künstlers zuzuordnen ist.
Die geneigte Kopfstellung und die geschlossenen Augen sind ein bei Klimt geliebter Ausdruck der Meditation, mit dem er auch in seinen späten Jahren auf eine um 1900 entwickelte Bildformel zurückgreift. Letztere erinnert vor allem an Beispiele des Belgiers George Minne, von dessen Werken Klimt sich in den Jahren nach 1900 sehr beeindruckt zeigte. An Minne erinnert auch die geometrisch stilisierte, an die Wange gelegte Hand. Durch die nervös unterbrochene Strichführung, die sich in den brüchig verlaufenden Linien der Augenpartie besonders bemerkbar macht, lässt sich das Blatt aber mit mehreren zwischen 1915 und 1917 entstandenen Zeichnungen verbinden.
Die hier verwendete Technik, Feder mit hell- und dunkelbrauner Tinte, ist bei Klimt, der vorzugsweise mit Bleistift, oft auch mit blauem, rotem und weißem Farbstift arbeitete, nur selten anzutreffen. Dabei brachte er die Feder bei den Aktzeichnungen öfter zum Einsatz als bei den Porträtzeichnungen. Technisch weist die vorliegende Zeichnung daher einen hohen Seltenheitswert auf, verbunden mit ganz eigenen expressiven Qualitäten. Diese lassen sich trotz der durch Nassreinigung verblassten Tinte – wobei aus unbekannten Gründen wohl auch die ursprünglich vorhandene Signatur entfernt wurde – immer noch gut beobachten. Die Papiermaße sind etwas kleiner als das bei Klimt übliche Papierformat. Dass das Blatt beschnitten wurde, zeigen auch die teilweise entlang den Rändern sichtbaren Kreidelinien. (Dr. Marian Bisanz-Prakken)